Arbeit und Freizeit

Kartoffelernte
Kartoffelernte

Die Arbeit in der Landwirtschaft war geprägt durch die Jahreszeiten. Einige Landarbeiten, wie das Pflügen der Äcker oder das Dungausfahren, wurden von Bauern mit kleineren Höfen gegen Entgelt oder Gegenleistungen ausgeführt. Das Korn wurde noch nach alter Art mit Bügelsense gemäht und von Hand gebunden. Die Kinder halfen die Garben in Hocken aufzustellen. Das Korn wurde mit Hilfe eines Pferdegespanns eingebracht. Gedroschen wurde in den ersten Jahren noch mit dem Dreschflegel (Ein Holzblock, der mit einem Leder an einem Stiel befestigt war), später dann mit einer Dreschmaschine befreundeter Bauern. Die Kartoffelernte zog sich über mehrere Wochen hin, da die Familien die Kartoffeln selbst rodeten. Die Kinder halfen dabei, die Kartoffeln mit der kurzstieligen Hacke aus dem Boden zu kratzen. Bei allen landwirtschaftlichen Arbeiten halfen Kinder unterschiedlich nach Alter und Größe mit.

Rübenernte
Rübenernte

Die Arbeitsbelastung im Einzelnen hing von der Hofgröße ab. So hatten denn auch die Stellmacher Lehmann und Höft, deren Landwirtschaft etwas größer war, eigene Pferde und Wagen.

Der Alltag der Dorfbewohner war von harter Arbeit bestimmt. Ein auf bestimmte Arbeitsstunden festgelegter Arbeitstag war unbekannt. Wenn es morgens hell wurde, hatte der Arbeitstag bereits begonnen. Das Vieh wurde gefüttert und die Kühe gemolken. Die Milch wurde dann zur Ablieferung an die Molkerei bereitgestellt. Die meisten Bauern bewirtschafteten ihre Höfe als Familienbetriebe. Sie hatten zwischen einem und drei Pferden, die sie in der Landwirtschaft einsetzen konnten. Nur die Familie Kieseler, die rund 500 Morgen bewirtschaftete, hatte neben den Pferden auch einen Trecker und beschäftigte mehrere Leute auf ihrem Hof. Sonst verrichteten die Bauern mit ihren älteren Söhnen in der Hauptsache die Feldarbeiten. Die Frauen versorgten neben der Hausarbeit und der Betreuung der Kinder über den Tag auch das Vieh. Nach dem Mittag gingen sie oft mit den Bauern zusammen aufs Feld. Wenn die Kinder aus der Schule kamen, hatten auch sie mitzuhelfen. Zu ihren Aufgaben gehörten die Kühe zu hüten und das Federvieh zu versorgen.

Schulaufgaben waren zwischendurch und oft auch erst abends zu erledigen. Feierabend war bei fast allen meist erst spät abends. Zu Erntezeiten, insbesondere zur Kartoffelernte, wurde das Mittagessen aufs Feld rausgebracht und dort gegessen, da die Entfernung vom Hof zum Acker oft bis zu 3 km betrug. 14 bis 16 Stundentage waren zumal im Herbst und Sommer nicht ungewöhnlich. Die Menschen beklagten sich aber kaum und betrachteten ihre Arbeit als Selbstverständlichkeit. Staatliche Hilfen und Zuschüsse, die den Bauern beispielsweise bei schlechten Ernten hätten helfen können, gab es nicht. An Urlaub war für die Menschen nicht zu denken. Maschinen waren zumindest für die kleinen Bauern nicht finanzierbar. Kartoffeln wurden so zum Beispiel noch mit der Kurzhacke auf Knien gerodet. Auch eine Altersversorgung gab es nicht. Wenn die alten Leute der Arbeit nicht mehr gewachsen waren, übergaben sie die Höfe an die jungen Leute und zogen aufs Altenteil. Sie wohnten dann in ein oder zwei Zimmern und halfen, solange sie es konnten noch auf dem Hof mit. Das Zusammenleben von Jung- und Altbauern war nicht immer unproblematisch.

Für Geselligkeit sorgten ein Gesangsverein, der Kriegerverein und der Sportverein mit verschiedenen Festen. Im Winter gab es im Dorf das sogenannte Federnreißen, wonach die Frauen bei Kaffee und Kuchen noch beisammen saßen. Die Männer wurden dabei ausgeschlossen. Im Winter wurden von den Gütern Treibjagden veranstaltet, bei denen die Dorfjugend als Treiber eingesetzt wurde. Weihnachten wurde in der Kirche mit Chorgesang, Vortrag der Weihnachtsgeschichte und Weihnachtsspielen der Schulkinder besonders feierlich begangen. Zum Jahreswechsel gab es vom Kirchturm das sogenannte Biggern mit den Kirchenglocken. Dabei wurden die Glocken im besonderen Biggertakt von Hand angeschlagen. Die Dorfjugend verkleidete sich in einer Gruppe mit Storch, Bär und Schimmel. Es wurde dann in jedem Haus vorgetanzt, was mit kleinen Spenden belohnt wurde. Zu Ostern war das Stüpen ein alter Brauch. Die älteren Jungen und jungen Männer. mit Birkenreisern ausgestattet, klopften in aller Frühe am Ostermorgen bei Familien mit jungen, unverheirateten Töchtern. Sie begehrten Einlass in die Mädchenkammern, wo sie die jungen Mädchen mit ihren Birkenreisern stüpten.

Zu Pfingsten wurden die Häuser mit Birkenzweigen geschmückt sowie Kalmus und Birkenzweige in den Wohnräumen aufgestellt. In den letzten Jahren kamen die Maifeiern mit Umzug durch das Dorf hinzu.

Die Hochzeiten im Dorf wurden mit großem Aufwand gefeiert. Die Feier ging meist über zwei bis drei Tage. Es war die standesamtliche und die kirchliche Trauung üblich. Geladen wurde nicht nur die meist zahlreiche Verwandtschaft, sondern auch viele Freunde und Bekannte. Mehrere Zimmer wurden für die Feierlichkeiten ausgeräumt. Geschlachtet wurde Schwein, Kalb und Geflügel. Mehrere Frauen waren mit der Herstellung des Festessens beschäftigt. Am Hochzeitstag gab es dann nach der Trauung das große Festessen für die geladenen Gäste. Besonders die Kinder genossen das große Angebot von allerlei leckeren Sachen. Bauchschmerzen gehörten daher regelmäßig zu den Folgen der Festlichkeiten. Die Tage waren ausgefüllt mit essen, trinken und tanzen. Am Abend wurden dann alle Fenster geöffnet um dem Rest des Dorfes die Teilnahme am Fest zu ermöglichen. Viele Dorfbewohner fanden sich dann zum Zuschauen ein. Ihnen wurde durch die Fenster Schnaps und Kuchen gereicht. Dabei strengte sich jede Familie an, um im Dorfe die entsprechende Anerkennung zu erhalten. Jede Hochzeit war dann noch lange Dorfgespräch, zumal jeder jeden kannte. Es war eine sehr enge Dorfgemeinschaft. Es wurde sehr hart gearbeitet, aber auch viel gefeiert.

Konfirmanden
Konfirmanden

Doch nicht nur Geburt, Taufe und Hochzeit hatten ihr besonderes Gepräge, sondern auch der Tod. Der Sarg wurde vom Dorftischler noch nach Maß gefertigt. Der Verstorbene wurde fast immer zu Haus aufgebahrt. Unter dem Geläut der Kirchenglocken wurde der Sarg den gesamten Weg zum Friedhof getragen. Vereinsmitglieder und ein Großteil der Dorfbevölkerung nahmen an der Beerdigung teil. Dazu spielte oft eine Kapelle. Bei Vereinsmitgliedern des Kriegervereins wurde über dem Grab Salut geschossen. Zurück vom Friedhof zum Trauerhaus ging es dann mit Marschmusik. Ein großer sogenannter Leichenschmaus mit Kaffee, Kuchen und kräftigen Umtrunk war üblich. Bei all diesen Festlichkeiten gehörte der Pastor auch zu den Gästen.

Die Sonntage waren meist Tage der Erholung. Besuche bei Verwandten oder deren Gegenbesuche. Besondere Höhepunkte waren Ausflüge in die Wälder. Diese Ausflüge wurden auch zum Pilze sammeln genutzt. Selbstverständlich war auch an den Sonntagen das Vieh zu versorgen. Die Vereinsvergnügen waren willkommene Abwechslungen nach arbeitsreichen Wochen.