Die Vorbereitungen für die Flucht

In großer Sorge und in steter Unruhe verlebten die Pamminer die ersten Tage im Februar 1945. Die Front rückte Tag für Tag näher. Vorbereitungen für eine Flucht wurden getroffen. Wer Pferde und Wagen hatte, versuchte einiges an Hab und Gut sowie Lebensmittel auf die Wagen zu verladen. Haushaltsgegenstände wurden in den Scheunen unter Stroh und Holz vergraben, immer in der Hoffnung, dass man in einiger Zeit wieder zurückkehren könnte. Wer kein Pferd und Wagen hatte, stellte Fahrräder bereit, packte seinen Rucksack mit Lebensmittel, brachte auf dem Gepäckträger einiges unter und versuchte bei Nachbarn und Verwandten etwas auf deren Wagen unterzubringen.

Um den 7. und 8.Februar 1945 wurde die Lage bedrohlich. Die Rote Armee war bis Märkisch-Friedland und Balster vorgedrungen. Kallies war unmittelbar bedroht. Am 9.Februar kam der Befehl, dass die Zivilbevölkerung Pammin räumen sollte. Pammin war zu diesem Zeitpunkt Stabsquartier der 402. Infanterie Division z.b.V Befehlshaber war Rittmeister Graf Bernsdorf. Da inzwischen die Rote Armee über Neuwedell- Hassendorf bis nach Klein Silber vorgedrungen war, gab es nur noch den Fluchtweg über Groß SpiegeI Richtung Dramburg für die Pamminer.

Am 9. Februar gegen 13.00 Uhr verließen die ersten Trecks Pammin in Richtung Groß Spiegel. Am Tag davor hatte die unter der Leitung von Generalmajor Mäder stehende Einsatzreserve der Führerbegleitbrigade die feindlichen Truppen bei Klein Silber angegriffen und zurückgeworfen, so daß die Pamminer Trecks Groß Spiegel ungefährdet passieren konnten. Den ersten Tag kam der Treck bis Köntopf.

Am 10.Februar entbrannten um Kallies heftige Kämpfe. Nach heftigen Straßenkämpfen wurde Kallies von unseren Truppen aufgegeben. Es gelang ihnen sich auf den Russenbergen und dem Galgenberg festzusetzen. Es kam zu einer zwischenzeitlichen Stabilisierung der Front Virchow - Nördliche Höhen von Kallies - Nord Neuwedell - Retz. Diesem Umstand ist es zu verdanken, dass die Trecks nicht von den feindlichen Truppen eingeholt wurden.

Erschwerend für den Treck waren neben der winterlichen Kälte insbesondere die überfüllten Orte, verstopft mit Trecks aus allen Richtungen, sodass die Unterbringung in den Nächten besonders schwierig war. Doch immer- wieder war Hilfsbereitschaft an allen Orten, denn jeder Einwohner dieser Orte war sich wohl bewusst, dass ihm dieses Schicksal in ein paar Tagen auch bevorstand.

Über die letzten Tage in Pammin und die Vorbereitungen für die Flucht berichtet die Pamminerin Hedwig Schmidt. Als Luftwaffenhelferin in Dresden eingesetzt, hatte sie Urlaub bekommen und konnte so Ihren Eltern in diesen Tagen zur Seite stehen.

Als sie am 4.Februar zu Hause ankam, hatten viele Pamminer schon Vorbereitungen für eine eventuelle Evakuierung getroffen. Die Rote Armee hatte schon Schneidemühl eingenommen und war über Deutsch-Krone herum vorgestoßen. Die Eltern hatten mit Hilfe der Soldaten, die bei Ihnen einquartiert waren, Teile des Hausrates, des Vaters Nähmaschine, etwas Wäsche und andere Gegenstände in der Scheune unter dem Stroh in Kisten vergraben. Sie selbst konnte dann noch mit Hilfe der Eltern eine Kiste mit Geschirr unter dem gelagerten Brennholz vergraben. Die Soldaten hatten ihnen inzwischen drei Fahrräder für die Flucht vorbereitet.

Bei den Vorbereitungen waren zwar alle Illusionen bereits dahin, dass die feindlichen Truppen nochmals zurückgedrängt werden könnten, doch die Hoffnung bestand, dass man doch irgendwann noch einmal zurückkehren könne.

Alle Vorbereitungen im Dorfe verliefen in den letzten Tagen zwar in hektischen, jedoch geordneten Bahnen. Auf den Gütern wurden Trecks für die Leute vorbereitet. Pferdewagen und Trecker, soweit vorhanden, wurden bereitgestellt. Im Dorf selbst wurden Bewohner ohne Fahrzeug und Fahrgelegenheit auf Wagen der Bauern aufgeteilt. Die Anordnung hierzu gab der Bürgermeister und Ortsgruppenleiter der NSDAP Fröhlich. Sicher gab es hierbei auch Schwierigkeiten, manchmal auch unerwartete Hilfsbereitschaft. So konnten die Eltern ein paar Betten, einen Koffer, eine Tasche mit Lebensmitteln, einen Rucksack vor oder während des Trecks bei Nachbarn oder Verwandten auf deren Wagen unterbringen.

Am 9. Februar um die Mittagszeit war es dann soweit. Der Kuh, den Schweinen, den Schafen, den Hühnern und den Katzen wurde nochmals reichlich zu fressen gegeben. Mit drei vollbepackten Rädern sind Hedwig Schmidt und Ihre Eltern, einen letzten Blick auf Haus und Hof werfend, davongezogen und haben sich dem Treck angeschlossen.